siehe auch:
Verband
der
Softwareindustrie
Deutschlands e.V.
(VSI) |
|
Schuld sind mal wieder die "anderen": VSI
mahnt eine differenzierte Betrachtung der konjunkturellen Lage an
(25.8.2001) Insolvenzen und Entlassungen der New Economy machen Schlagzeilen. Dies hat
laut dem VSI zu einer bedenklichen Tendenz für die gesamte Branche geführt. Renommierte und solide Unternehmen werden mit den "Dot-Coms" in einen Topf geworfen. Dies hat zusammen mit
der allgemeinen Wirtschaftslage negative Folgen für die Branche.
Sorgenfreie Zeiten sind offensichtlich auch für den Großteil der Softwarebranche
vorbei. Dies bestätigte die Mitgliederbefragung des Verbandes. Mehr als die Hälfte der
befragten Unternehmen beurteilte die geschäftliche Entwicklung für die Branche negativ
oder teilweise negativ. Lediglich ein Drittel der befragten Firmen sehen die nächsten 6
Monate für die Softwareindustrie positiv, 25% rechnen mit einer gleichbleibenden
Konjunktur. Für die Zeit ab Mitte 2002 rechnen rund 70% der Unternehmen wieder mit einem
Aufschwung in der Branche.
Insbesondere die Gleichsetzung der Softwareindustrie mit den "Dot- coms" und die Belastung mit deren, teilweise
negativem Image, schadet der gesamten Industrie. Denn gerade dieses unfachmännische
Pauschalurteil macht insbesondere mittelständischen Unternehmen sehr zu schaffen. Sie
müssen für ihren Finanzierungsbedarf erst einmal bei Banken Überzeugungsarbeit
betreiben und sehen sich bei ihren Kunden Misstrauen ausgesetzt, ob sie denn auch ihre
Existenz und den Support garantieren können.
"Es erinnert vieles an die Zeit vor dem Dot-
Com- Hype. Damals war es ein nahezu
unüberwindbares Problem, für junge innovative Unternehmen ihre Finanzierung bei den
Banken zu erhalten. Und auch der Bereich des Risikokapitalmarktes interessierte sich nicht
für unsere Branche," kommentiert Rudolf Gallist, Vorstandsvorsitzender des
Verbandes, die aktuelle Situation. "Für den Standort Deutschland ist die
undifferenzierte Betrachtungsweise in Wirtschaft, Politik und Öffentlichkeit Gift. Gerade
jetzt bestünde eine Chance, dass Deutschland durch differenzierte Betrachtungsweise und
azyklisches Verhalten seine Position im internationalen Wettbewerb verbessern
könnte", so Gallist weiter. "Es gibt viele Unternehmen innerhalb der
Softwareindustrie, bei denen kontinuierlich schwarze Zahlen geschrieben werden. Wir wehren
uns dagegen, dass eine ganze Branche vorverurteilt wird wegen der Pleiten einiger
Internet- Startups", endet Gallist.
Thomas Klimmer, Leiter der Arbeitsgruppe Mittelstand im VSI, bestätigt diese
Entwicklung: "Die Diskussionen in unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass sich hier
tatsächlich ein Imageproblem für unsere Branche entwickelt hat. Einige der
Mitgliedsunternehmen mussten, obwohl sie sich selbst in einer sicheren Unternehmenslage
befinden, bereits solche Erfahrungen machen. Hier wird das Image einer Branche
untergraben, die die technische Entwicklung der Zukunft vorantreibt."
Anmerkung: Macht es sich der VSI mit dieser Betrachtung nicht ein
wenig zu einfach? Viele Software- Unternehmen haben
doch ganz bewußt versucht, an der Dot-Com- Hype zu
partizipieren / sich zunutze zu machen. Warum? Beispielsweise weil die vielzitierte
'Internet- Phantasie' wiederum einen erfolgreichen
Börsengang versprach. Somit brannten sich mit Einführung des Neuen Marktes diverse
goldene Dollar- und Euro- Zeichen in die Netzhaut
nicht weniger Vorstandsvorsitzender. Geblendet vom Glanz der eigenen Zukunft verklärten
zudem stapelweise rosarote Brillen den sachverständigen Blick auf die wahren
Marktchanchen und -akzeptanz bzw. auf Angebot, Wettbewerb und Nachfrage. So wird Herr
Mursch von der insolventen mb Software AG nicht der einzige sein, auf den - nach eigener
Aussage - der Börsengang seines Unternehmens wie ein "Lotto-
Gewinn" gewirkt hat. Da sei "man leichtsinnig geworden",
zitierte die Hannoversche Allgemeine Zeitung - kurz: HAZ - im Juli den selbsternannten 'Bill
Gates' Deutschlands (siehe mb-Spezial
und jornal. atarde. com. br/ arq06/ in1114. html). So ist vielerorts mit jeder Menge "Goodwill"
gleichsam in einem Kaufrausch akquiriert worden, was die mit Aktiengeld prall gefüllte
Geldbörse hergab - Hauptsache man war schneller als die Konkurrenz!!
Gleichzeitig haben nicht alle Vorstände begriffen, dass ihnen das in rauhen Mengen
zugeflossene Geld nicht persönlich gehört(e). So sind auch mit dem Glanz früher
Börsenerfolge vielmals private Selbstwertgefühle künstlich geliftet oder zumindest
nachhaltig gesponsort worden: "Was kostet die Welt?" Nur zu verständlich, wenn
so gesehen auch "renommierte und solide" Firmen (siehe oben) durch überheblich gewordene Unternehmens- Fürsten mehr als nur Schrammen davon tragen bzw. davon
trugen!
Aber auch Venture Capital (VC)- finanzierte Dot-Coms rechnen nicht selten wie Milchmädchen. Konkretes
Beispiel - ohne einen Namen nennen zu wollen: Ein junges Software-
Unternehmen vermeldete jüngst ganz stolz, dass es die dritte
Finanzierungsrunde geschafft hätte und nunmehr bis zum Break- Even
(in ziemlich genau einem Jahr) durchfinanziert sei. Was heißt aber eigentlich
"durchfinanziert bis zum Break- Even"?
Gemeint ist doch, dass die VC- Mittel solange
durchhalten (sollen / müssen), bis die stetig wachsenden Einnahmen aus dem laufenden
Geschäft mit den Ausgaben kostendeckend gleichziehen. Was aber, wenn der Ertrag sich
nicht wie geplant entwickelt? ... wenn zentrale Mitarbeiter ausfallen?
... wichtige Kunden zahlungsunwillig werden? ... Milestones in der eigenen
Produkt- Entwicklung nicht eingehalten werden
können? ... Produkte plötzlich nicht mehr gefragt sind, weil sich die Technologie,
der Markt oder der Wettbewerb unplanmäßig verhält? Aber selbst dann, wenn der Break- Even geschafft ist, so heißt das ja noch nicht, dass man
damit aus dem Schneider wäre: Denn irgendwann wollen die Geldgeber ihre 30, 50, 70 oder
Abermillionen Euro oder DM doch mit Zinseszinsen auch mal wieder zurückhaben -
unverschämterweise ;-)
Wichtig: Ich möchte hier den vielen Unternehmens- Gründern
nicht ihre inhaltlichen Qualitäten absprechen. Die meisten wissen genau wovon sie reden -
vor allem es um die technischen Aspekte ihrer Lösungen geht. Aber einem Ingenieur wird
eben vieles doch zu 'schwör', wenn nachhaltiges Marketing oder studierte
Betriebswirtschaft mehr von Nöten werden, als die Herren und Damen Ingenieure es sich
selber eingestehen wollen. (AO) |